EXPERTENINTERVIEW EXPERTENTELEFON „Gebärmutterhalskrebs“ am 16.05.2013

Experteninterview zum Thema „Gebärmutterhalskrebs – mit Impfen vorbeugen“

Interview mit Prof. Dr. Monika Hampl, leitende Oberärztin der Frauenklinik am Universitätsklinikum Düsseldorf.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gilt es als erwiesen, dass bestimmte Humane Papillomviren (HPV) verantwortlich für Gebärmutterhalskrebs sind?

  • Prof. Dr. Monika Hampl: HPV können viele verschiedene Erkrankungen verursachen. Erwiesen ist, dass Infektionen mit bestimmten HPV-Typen für die Entstehung von Krebserkrankungen und deren Vorstufen am Gebärmutterhals, der Scheide und des äußeren weiblichen sowie männlichen Genitalbereichs verantwortlich sind. So verursachen die HPV-Typen 16 und 18 beispielsweise rund 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs. An dieser Krebsart erkranken jährlich ca. 4.600 Frauen neu in Deutschland. Darüber hinaus sind sogenannte Niedrigrisiko-HPV-Typen (Typ 6 und 11) für ca. 90 Prozent der Fälle von Genitalwarzen bei Frauen und Männern verantwortlich.

Wie werden diese Viren übertragen?

  • Prof. Dr. Monika Hampl: HPV sind weitverbreitet. Schätzungsweise 80 Prozent aller sexuell aktiven Menschen kommen im Laufe ihres Lebens mit HPV in Kontakt – meistens in der Jugend oder im frühen Erwachsenenalter. Die HP-Viren werden durch Haut- und Schleimhautkontakt beim Geschlechtsverkehr und auch schon beim Petting übertragen. Sowohl Frauen als auch Männer können sich infizieren und die HP-Viren weitergeben.

Sind die HP-Viren nur für junge Mädchen und Frauen gefährlich?

  • Prof. Dr. Monika Hampl: Nein, nicht nur Mädchen und Frauen, auch Jungen und Männer können sich mit HPV anstecken. Die meisten Infektionen heilen folgenlos aus, erst anhaltende Infektionen mit bestimmten HPV-Typen können bei beiden Geschlechtern zu schwerwiegenden Erkrankungen führen. Die Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18 sind für verschiedene Krebserkrankungen und deren Vorstufen verantwortlich – neben Tumoren am Gebärmutterhals auch für solche im weiblichen und männlichen Intimbereich. Selbst bei Erkrankungen im Kopf- und Hals-Rachen-Bereich spielen bestimmte HPV-Typen eine Rolle. Jedoch haben Frauen häufiger unter schwerwiegenderen Folgen einer HPV-Infektion zu leiden. Deshalb empfiehlt die Ständige Impfkomission (STIKO) in Deutschland seit 2007 die Impfung gegen bestimmte HPV-Typen (HPV 16 und 18) für alle Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren.

Warum ist es empfehlenswert, auch Jungen gegen HPV zu impfen?

  • Prof. Dr. Monika Hampl: Es gilt mittlerweile als gesichert, dass die HPV-Impfung auch Jungen und Männer vor Erkrankungen, die durch bestimmte HPV-Typen hervorgerufen werden, schützen kann. Die Impfkommission in Sachsen (SIKO) empfiehlt die HPV-Impfung gegen bestimmte HPV-Typen deshalb im Bundesland Sachsen auch für Jungen bevorzugt im Alter von 12 bis 17 Jahren. Darüber hinaus kann der Übertragungsweg für die Viren unterbrochen wird, wenn viele Jungen und Männern geimpft sind. Auf diese Weise kann bei entsprechend hohen Impfraten ein Bevölkerungsschutz vor bestimmten HPV-Typen entstehen. Eine mögliche Ausrottung einiger HP-Viren ist zudem nur zu erreichen, wenn beide Geschlechter zu einem hohen Prozentsatz geimpft sind. Durch die Mädchen alleine ist ein Bevölkerungsschutz nicht zu erwarten, da nur 40 Prozent der Mädchen in Deutschland geimpft sind.

Ist die Impfung sicher und gut verträglich?

  • Prof. Dr. Monika Hampl: Die HPV-Impfung ist genauso verträglich und sicher wie andere Standardimpfungen auch. Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen sind z. B. Hautreaktionen an der Einstichstelle und Kopfschmerzen. Zudem bestätigt eine umfangreiche Datenauswertung einer US-amerikanischen Krankenkasse das sehr gute Sicherheitsprofil: Bei ca. 190.000 geimpften Mädchen wurden keine gravierenden Nebenwirkungen wie Autoimmunerkrankungen oder venöse Thrombosen im Zusammenhang mit der Impfung gegen bestimmte HPV-Typen beobachtet. Todesfälle kamen nicht vor. Generell werden Impfstoffe erst zugelassen, wenn sie in einem gesetzlich vorgeschriebenen, umfangreichen Programm auf Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit geprüft worden sind. Die beiden verfügbaren HPV-Impfstoffe wurden umfassend und erfolgreich erforscht.  

Weshalb ist es wichtig, frühzeitig zu impfen?

  • Prof. Dr. Monika Hampl: Damit die HPV-Impfung gegen bestimmte HPV-Typen einen effektiven Schutz vor Erkrankungen bieten kann, die durch diese Viren verursacht werden, sollte sie früh erfolgen. Konkret heißt das, vor den ersten sexuellen Erfahrungen. Denn eine bestmögliche Vorbeugung ist nur zu erwarten, wenn Mädchen zuvor noch nicht mit HPV in Kontakt gekommen und infiziert worden sind. Da die HP-Viren über Haut- und Schleimhautkontakt übertragen werden, sollte die HPV-Impfung vor den ersten sexuellen Kontakten abgeschlossen sein. Eine gute Gelegenheit, um gegen bestimmte HP-Viren zu impfen, ist der erste Frauenarztbesuch oder die Jugendgesundheitsuntersuchung (J1) für 12-  bis 14-Jährige beim Haus- oder Kinder- und Jugendarzt.     

Wie aussagekräftig und zuverlässig sind die Studien, die die Wirksamkeit der Impfung belegen?

  • Prof. Dr. Monika Hampl: Die Wirksamkeit und Sicherheit der HPV-Impfstoffe wurden in groß angelegten Studienprogrammen mit mehr als 20.000 Frauen weltweit untersucht. Einige der teilnehmenden Frauen werden bis heute nachbeobachtet. Die großen Impfstoffstudien starteten 2002 und somit können wir bisher einen Impfschutz von bis zu acht Jahren überblicken.

Gibt es auch andere Möglichkeiten, um sich vor Gebärmutterhalskrebs zu schützen?

  • Prof. Dr. Monika Hampl: Einen optimalen Schutz vor einer HPV-bedingten Erkrankung am Gebärmutterhals bietet nach wie vor die Kombination von frühzeitiger HPV-Impfung gegen bestimmte HPV-Typen und regelmäßiger Teilnahme an den Krebsfrüherkennungsuntersuchungen. Kondome, die ja beispielsweise ein gutes Mittel zum Schutz vor anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen sind, können bei konsequenter Verwendung zwar das Ansteckungsrisiko mit HPV reduzieren, es aber nicht gänzlich verhindern.

Kann die Impfung die Krebsfrüherkennungsuntersuchung ersetzen?

  • Prof. Dr. Monika Hampl: Nein. Es gibt mehr als 100 verschiedene HPV-Typen, von denen etwa 30 bis 40 die Zellen der Haut und Schleimhaut im Genitalbereich infizieren können. Die Impfung kann vor den beiden häufigsten krebsauslösenden HPV-Typen schützen, die etwa 70 Prozent der Gebärmutterhalskrebsfälle verursachen. Je nach Wahl des Impfstoffs kann ein zusätzlicher Schutz vor Genitalwarzen aufgebaut werden. Da die Impfung allerdings nicht vor allen HPV-Typen schützen kann, bleibt auch nach der Impfung die regelmäßige Teilnahme an den Krebsfrüherkennungsuntersuchungen wichtig.

Gibt es erkennbare Frühformen von Gebärmutterhalskrebs – und wie gehen Frauenärzte vor, wenn sie diese finden?

  • Prof. Dr. Monika Hampl: Gebärmutterhalskrebs entwickelt sich über Krebsvorstufen. Ursache ist meist eine über Jahre anhaltende Infektion mit bestimmten HP-Viren. Die regelmäßigen Krebsfrüherkennungsuntersuchungen beim Frauenarzt sollen helfen, solche krankhaften Zellveränderungen am Gebärmutterhals möglichst frühzeitig, d.h. im Stadium der Krebsvorstufe, aufzuspüren. Dazu reicht ein einfacher Abstrich der oberflächlichen Zellen am Muttermund und Gebärmutterhals, auch Pap-Test genannt. Stellt der Frauenarzt Zellveränderungen fest, wird der Pap-Abstrich wiederholt und gegebenenfalls auf HPV getestet. Abhängig vom Untersuchungsergebnis beobachtet der Arzt in verschiedenen Zeitabständen, ob sich die Zellveränderungen zurückentwickeln oder verschlimmern.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
Gesundheitsthemen