LESERFRAGEN EXPERTENTELEFON „Gebärmutterhalskrebs“ am 16.05.2013

Die meist gestellten Leserfragen am Expertentelefon „Gebärmutterhalskrebs – mit Impfen vorbeugen“ am 16.05.2013

 

 

 

 

 

 

 

Meine Tochter ist mit ihren 13 Jahren sehr kindlich und bestimmt noch lange nicht sexuell aktiv. Warum soll ich sie jetzt schon gegen bestimmte Humane Papillomviren (HPV) impfen lassen?

  • Dr. med. Burkhard Ruppert, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in Berlin, Impf-Experte: Die HPV-Impfung gegen bestimmte HPV-Typen ist eine Standardimpfung für Jugendliche. Das Argument von Eltern, dass es noch viel zu früh für diese Impfung sei und man noch viel Zeit habe, höre ich sehr häufig. Wir wissen aber aus Umfragen, dass jedes zweite Mädchen mit 15 Jahren erste sexuelle Kontakte hat. Bei einem Teil der Jugendlichen konnte schon nach den ersten sexuellen Erfahrungen eine Infektion mit HP-Viren nachgewiesen werden. Und was viele nicht wissen: Die Viren können schon durch Haut- und Schleimhautkontakt beim Petting übertragen werden.

Meine Freundin hat mir erzählt, dass jetzt auch die HPV-Impfung für Jungen empfohlen wird. Stimmt das – und was bringt es?

  • Dr. med. Burkhard Ruppert: Ja, es stimmt – seit Beginn dieses Jahres befürwortet die Impfkommission in Sachsen (SIKO) auch die Impfung gegen bestimmte HPV-Typen für Jungen, bevorzugt im Alter von 12 bis 17 Jahren. Mit dieser Empfehlung ist die SIKO Vorreiter in Deutschland. Denn Jungen können ebenso wie Mädchen Überträger der Viren sein – und auch bei ihnen können HPV-bedingte Erkrankungen, wie Krebserkrankungen im Genitalbereich, aber auch im Kopf-Hals-Bereich und Genitalwarzen auftreten. Da nur rund 40 % der Mädchen in Deutschland geimpft sind, ist ein Bevölkerungsschutz nicht zu erwarten. Die HPV-Impfung für Jungen und Männer ist sinnvoll und wird dazu beitragen, die Verbreitung der Viren zu reduzieren.

Was ist ein geeigneter Anlass, um mein Kind gegen HPV zu impfen?

  • Dr. med. Burkhard Ruppert: Eine gute Gelegenheit, um Ihr Kind gegen bestimmte HP-Viren zu impfen, ist die Jugendgesundheitsuntersuchung J1 beim Kinder- und Jugendarzt. Diese wird für Mädchen und Jungen zwischen12 und 14 Jahren kostenlos angeboten. Aber auch der erste Frauenarztbesuch bietet sich an. Zur J1 beim Kinder- und Jugendarzt oder zum ersten Frauenarztbesuch sollte der Impfausweis mitgenommen werden. So kann der Arzt den bestehenden Impfstatus überprüfen und ggf. notwendige Auffrischimpfungen sowie die HPV-Impfung vornehmen.

Sind die Viren, die Gebärmutterhalskrebs auslösen können, wirklich so weit verbreitet, dass man sich vor ihnen schützen muss?

  • Dr. med. Burkhard Ruppert: Ja, HP-Viren sind weitverbreitet: Etwa 80 Prozent aller sexuell aktiven Menschen kommen im Laufe ihres Lebens mit ihnen in Berührung – meist schon in der Jugend oder im frühen Erwachsenenalter. In den meisten Fällen werden HPV-Infektionen durch ein intaktes Immunsystem überwunden. Bleibt eine Infektion z. B. mit sogenannten Hochrisiko-HPV-Typen (z. B. HPV 16 und 18) jedoch bestehen, kann sich diese zu Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs entwickeln. Solche führen bei rund 4.600 Frauen pro Jahr in Deutschland zu Neuerkrankungen an Gebärmutterhalskrebs. Die sogenannten Niedrigrisiko-HPV-Typen (z. B. HPV 6 und 11) können Genitalwarzen hervorrufen.

Kann ich mich darauf verlassen, dass meine Tochter nach der Impfung ihr Leben lang vor Gebärmutterhalskrebs geschützt ist?

  • Dr. med. Burkhard Ruppert: In der Tat belegen z. B. zwei große Nachbeobachtungsstudien, dass die HPV-Impfung einen lang anhaltenden Schutz bietet. Die großen Impfstoffstudien starteten 2002 und somit können wir bisher einen Impfschutz von bis zu acht Jahren überblicken. Die HPV-Impfung kann gegen bestimmte HPV-Typen (z. B. HPV 16 und 18), die für etwa 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich sind, schützen. Einer der beiden verfügbaren Impfstoffe kann zusätzlich Genitalwarzen vorbeugen. Da nicht gegen alle HP-Viren geimpft werden kann, die für Gebärmutterhalskrebs verantwortlich gemacht werden können, sollten auch geimpfte Frauen weiter an der jährlichen Krebsfrüherkennungsuntersuchung teilnehmen.

Ich bin Mitte 20 und habe schon erste sexuelle Erfahrungen gemacht. Ist die Impfung gegen HPV für mich trotzdem noch sinnvoll?

  • Prof. Dr. med. Monika Hampl, leitende Oberärztin der Frauenklinik am Universitätsklinikum Düsseldorf: Im Idealfall lassen sich junge Mädchen vor den ersten sexuellen Kontakten gegen bestimmte HP-Viren impfen. Die Impfung ist aber auch für junge Frauen empfehlenswert, die schon Geschlechtsverkehr hatten. Denn der erste sexuelle Kontakt bedeutet nicht zwangsläufig, dass sich junge Frauen mit den Viren anstecken. Außerdem ist es unwahrscheinlich, dass sie sich bereits mit allen HPV-Typen infiziert haben, vor denen die Impfung schützen kann. Deshalb können auch Frauen, die schon Sex hatten, die Möglichkeit nutzen, sich vor Gebärmutterhalskrebs und Genitalwarzen zu schützen, die durch bestimmte HPV-Typen verursacht werden. Sprechen Sie ihren Frauen- oder Hausarzt am besten auf die Impfung an und lassen Sie sich persönlich beraten. Viele Krankenkassen erstatten auf Anfrage die Impfkosten auch für Frauen, die älter sind als 18 Jahre.

Meine Frauenärztin hat anhand des letzten Zellabstrichs bei mir (24 Jahre) Veränderungen am Gebärmutterhals festgestellt – jetzt bin ich völlig verängstigt. Was wird nun geschehen?

  • Prof. Dr. med. Monika Hampl: Die regelmäßigen Krebsfrüherkennungsuntersuchungen beim Frauenarzt sollen helfen, Zellveränderungen am Gebärmutterhals möglichst früh aufzuspüren. Dazu reicht ein einfacher Abstrich der oberflächlichen Zellen am Muttermund und Gebärmutterhals, auch Pap-Test genannt. Die Befunde werden abhängig vom Schweregrad der Zellveränderung in leichte und schwere Gewebsveränderungen unterschieden – leichte und mäßige Veränderungen bilden sich in vielen Fällen von allein zurück. Abhängig vom Untersuchungsergebnis beobachtet der Arzt in verschiedenen Zeitabständen, ob sich die Zellveränderungen zurückentwickeln oder verschlimmern. Gemeinsam mit der Patientin entscheidet er über Notwendigkeit und Art einer weiteren Behandlung.

Wie gut verträglich ist die Impfung, muss man mit Nebenwirkungen rechnen?

  • Prof. Dr. med. Monika Hampl: Die HPV-Impfstoffe gehören zu den am besten erforschten Impfstoffen hinsichtlich Wirksamkeit und Verträglichkeit, was ausschlaggebend für die Zulassung und die Impfempfehlung ist. Weltweit wurden bisher über 100 Millionen Impfdosen ausgeliefert. Eine umfangreiche Datenauswertung einer US-amerikanischen Krankenkasse bestätigt das sehr gute Sicherheitsprofil: Bei ca. 190.000 geimpften Mädchen wurden keine gravierenden Nebenwirkungen wie Autoimmunerkrankungen oder venöse Thrombosen im Zusammenhang mit der Impfung gegen bestimmte HPV-Typen beobachtet. Todesfälle kamen nicht vor. Die beobachteten Nebenwirkungen entsprechen denen anderer Standardimpfungen.

Ich habe gehört, dass man nicht nur an Händen und Füßen, sondern auch an den Geschlechtsteilen Warzen bekommen kann. Wie gefährlich sind diese Warzen und auf welche Weise kann ich ihr Entstehen verhindern?

  • Dr. med. Ina Ilkhanipur, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in Gernsbach, Expertin für Kinder- und Jugendgynäkologie:Genitalwarzen, auch Feigwarzen oder Kondylome genannt, sind Hautveränderungen, die an den äußeren Geschlechtsorganen oder auch in der Nähe des Afters auftreten. Davon können sowohl Frauen als auch Männer betroffen sein. Meist sind es stecknadelkopfgroße, weißliche oder verhornte Knötchen, die durch eine Infektion mit bestimmten HP-Viren verursacht werden. Genitalwarzen sind zwar nicht lebensgefährlich, aber sehr unangenehm und ansteckend. Ihre Behandlung ist nicht einfach und zudem langwierig. Trotz erfolgreicher Therapie können sie erneut auftreten. Einer der beiden verfügbaren HPV-Impfstoffe kann zusätzlich Genitalwarzen vorbeugen. Eine effektive Maßnahme, um jungen Menschen viel Leid zu ersparen.

Gibt es außer der Impfung noch andere Möglichkeiten, sich vor Gebärmutterhalskrebs zu schützen – zum Beispiel durch Kondome?

  • Dr. med. Ina Ilkhanipur: „Safer Sex“ ist generell ein gutes Mittel zum Schutz vor sexuell übertragbaren Erkrankungen. Bei konsequenter Verwendung können Kondome auch die Ansteckungsgefahr mit HPV verringern, aber nicht vollständig verhindern. Denn die HP-Viren werden über Haut- und Schleimhautkontakt – also beispielsweise auch schon beim Petting – übertragen. Diesen Kontaktbereich können Kondome nicht vollständig bedecken, so bleibt ein Ansteckungsrisiko bestehen.

Wer bezahlt die Impfung gegen HP-Viren – die Krankenkasse?

  • Dr. med. Ina Ilkhanipur: In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO), ein unabhängiger Expertenrat bestehend aus Ärzten und anderen Wissenschaftlern, die HPV-Impfung für alle Mädchen von 12 bis 17 Jahren. Diese Empfehlung ist ein notwendiger Schritt dafür, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Impfkosten für Mädchen dieser Altersgruppe übernehmen. Viele Kassen erstatten die Kosten für die HPV-Impfung sogar bis zum 27. Geburtstag – Nachfragen lohnt sich!

Gebärmutterhalskrebs bekommen doch meistens ältere Frauen. Warum soll ich meine 15-jährige Tochter dagegen impfen lassen?

  • Dr. med. Ina Ilkhanipur: Der Effekt der HPV-Impfung ist am größten, wenn zuvor noch kein Kontakt mit den entsprechenden Viren stattgefunden hat. Zwischen einer Infektion mit HPV und dem Auftreten der Erkrankung kann ein Zeitraum von mehreren Jahren liegen. Frauen, die an Gebärmutterhalskrebs erkranken, haben sich mit HPV angesteckt, als sie jung waren. Es ist daher sinnvoll, sich möglichst früh impfen zu lassen.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
Gesundheitsthemen